Deutsche Mannschaftsmeisterschaften der Landesverbände
der Frauen und Männer U17 und U20 im Judo
27. November 2004 in Neubrandenburg

Tagebuch über die perfekte Welle von Teamgeist und Triumph
 

Freitag, 26. 11. 2004
13.30 Uhr

Eigentlich soll die Abfahrt superpünktlich losgehen – doch was soll man machen, wenn sich ein Küken beim Aufrufen einfach nicht mehr melden kann, weil tagelanges Hungern für das Wettkampfgewicht eben alles in einen Schwächezustand versetzt hat und nur noch auf Sparflamme gefahren werden kann. Doch schließlich kann man sich auf die anderen ja verlassen und letztendlich wurde mit Verstärker die Durchsage nach vorne zum Trainer gegeben, dass alle an Bord sind.

Wie schön, es geht los! Jeder hatte es sich auf seinem Kuschelplätzchen so bequem gemacht wie möglich, um die ca. 3 Stunden Busfahrt nach Neubrandenburg auf ganz persönliche Art angenehm zu überdauern.
Mit Essen war ja nun vorerst nix, also galt es andere Amüsements zu finden.
Entweder ein gemütliches Schlummerründchen, der Austausch von High-Tech- Erfahrungen, Fotoshootings mit den angehenden Champs oder eben allgemein beliebte Unterhaltungsspielchen brachten immer wieder Abwechslung und Stimmung ins Geschehen.






Natürlich gab es da auch die ganz Braven und heimlichen Beobachter!
   
16.00 Uhr
Die Einflugschneise für Neubrandenburg kommt in Sicht und Norman muss als Lotse seinen Einsatz aufnehmen.
Dabei zeigte es sich, dass es bei großen Ereignissen manchmal ganz schön eng zugehen kann und nur als Meister seines Faches findet jeder versierte Busfahrer im kleinsten Wendekreis seine Chance zum Einparken!
Nach dem ersten großen, aber nur kurzen Staunen über das tolle Sportforum ging es unseren Athleten zunächst um große Dinge von entscheidender und vor allem schwerwiegender Bedeutung – der Sturm auf die Wiegebereiche begann.
 Schließlich musste man doch wissen, ob  das tagelange Darben und Entbehren unter Aufbringung größter Willensstärke mit den dortigen Waagen zum ersten Erfolg geführt werden kann.
Manche schauten sich demnach auch sofort nach neuen Betätigungsbereichen um, falls etwas schief gehen sollte.
Andere wiederum stellten sich umgehend  nackt den Tatsachen und befragten das Orakel der Waage, was wäre, wenn ich jetzt drei Kekse essen würde? Selbige mussten natürlich mit auf das Messgerät und wurden umgehend verspeist, als die angezeigte Zahl kleiner als die angestrebte Gewichtsklasse war. Welches Triumphgefühl drei Krümel bei großen, starken Burschen so auslösen können!
   
17.00 Uhr
Übernahme der Unterkünfte war der nächste Programmpunkt.
Wiederum erwies sich das fahrtechnische Können unseres Buslenkers als genial, denn da Hannes Einweisungsqualitäten allein auf die Bemerkung:
“Hinten isses nass!“, beschränkt blieben, musste man halt selbst sehen, wie man klar kam.
Nach dem Zimmersturm und passgerechter Verteilung aller Kampfgeschwader wurde umgehend der endgültige Angriff auf den massemäßigen Bodycheck an den Waagen vorgenommen.
   
18.00 Uhr
Noch schnell ein paar leidende Hungerfotos – aber nun konnte man den countdown schon in der Luft knistern spüren.

Allerdings wurde es noch einmal richtig spannend bei Franzi, die nämlich plötzlich mit flackerndem Blick gestand, dass die verruchte Waage ausgerechnet bei ihr 100g zu viel anzeigen würde. „Trainer hilf!“
Nun wurden alle Tricks aus dem Ärmel gezogen – vom Entledigen letzter Kleinigkeiten, die kostbare Gramm schaffen  könnten, über akrobatische Handstandübungen bis hin zum genauen Austaxieren, wie und wo man diese Waage betreten sollte um sie in den Ruhestand von 52 kg zu versetzen, wurde die letzte halbe Stunde bis zum Eintreffen der Wiegemeisterin effektiv genutzt! Und im Trubel  des Beginns hatte die Waage nicht die geringste Chance, mehr anzuzeigen als erlaubt! Juhu!
In kürzester Zeit hatten alle diese Prozedur hinter sich und in Nullkommanischt verschwanden sämtliche Gesichter in den Futterbeuteln, die ja das eigentliche Innenleben aller Rucksäcke ausmachten.





   
19.00Uhr
 Nach diesem ersten Gang konnte nun zur wichtigsten Schandtat des Abends übergegangen werden! Pfiffig wie die jungen Leute in solchen Dingen ja sind, hatten sie umgehend den Italiener in Internatsnähe aufgespürt und ihm die perfekte Welle angekündigt, die  in den nächsten zwei Stunden sein Restaurant füllen und den Umsatz erheblich steigern würde!
 Fotos sagen hier mehr als Worte.






Natürlich mussten auch die Hauptverantwortlichen sehen, dass sie bei Kräften bleiben.
Offen blieb nur die Frage, weshalb Trainer Frenz unbedingt unerkannt bleiben wollte!
Lag es vielleicht an dem würzintensiven Abendessen?


22.15 Uhr

Trainerverordnete Nachtruhe! Da war sie wieder – die Selbstdisziplin! Abgesehen von ein paar kleinen, leise zwitschernden Einheiten aus den Zimmern ganz am Gangende – wir wollen ja hier keine Namen nennen – hatten alle wieder das große Ziel des nächsten Tages im Blickfeld.
   
Sonnabend, 27. 11. 2004
7.45 – 11. 00Uhr


Ohne viel Aufhebens vollzogen sich Frühstück und der Auszug der Gladiatoren aus der Unterkunft.
Nach der Eröffnung 9.00 Uhr begannen 9.30 Uhr die ersten Mannschaften mit ihren Kämpfen.
 Für uns stand allerdings noch Geduld bis gegen 11.00 Uhr auf dem Zeitplan.
 
Eine Zeitspanne, die recht unterschiedlich genutzt wurde. Während sich Antje gemeinsam mit ihrem Glücksbringer völlig dem ersten Wettkampftrubel entzog, um in Abgeschiedenheit zu Konzentration und lockerer Muskulatur zu finden,
formierte sich der größte Teil der weiblichen Riege nach ihrer Erwärmung in sicherem Abstand zwar, aber optisch geschickt, auf der Mittelmatte, um die Kampfweise ihrer künftigen Gegner schon einmal ins Auge fassen zu können.
Scheinbar tänzerisch gelangten auch die männlichen Judoka zu  kampfbereiter Muskelformation!
   
11. 00 Uhr

Matte frei nun  für die Herrenriege der Brandenburger gegen die Mannschaft aus Baden!
Eigentlich ein leichtes Unterfangen, welches Olli auch mit entsprechender Bravour eröffnete und damit den notwendigen Anschub für alle gab.
 Mit einem Feuerwerk an Rütteltechnik versuchte  Florian gleich seinen Gegner praktisch aus der Kutte zu schleudern und sicherte sich recht schnell erste Wertungen.
Dann zeigte sich, was Teamgeist für Energien freisetzen kann. Selbst wenn Nils an diesem Tag aufgrund seines Rückens nicht kämpferisch zum Einsatz kommen konnte, so verausgabte er sich dennoch  mit aller Kraft, die seine Kehle zuließ, um Fischi auf seinem Weg zum Sieg zu helfen.

Damit war er nicht allein, denn alle anderen legten sich mit ihm gemeinsam ins Zeug und machten entsprechend Druck. Der Bursche lag danach zwar völlig entkräftet am Boden  und musste faktisch wieder zum Leben erweckt werden, doch der Einsatz hat sich gelohnt, denn mit sicherer Taktik hatten danach die meisten unserer Jungs ihre Gegner im Griff.
Die Atmosphäre war einzigartig und geprägt von einem Zusammenhalt, der sich nicht nur akustisch vernehmen ließ, sondern vor allem auch in anerkennenden bzw. ermutigenden Gesten und Reaktionen nach Sieg oder Niederlage zeigte. Selbst wenn die Lage schon punktemäßig aussichtslos erschien, so erklangen bis in die letzte Sekunde nicht nur einfach Tipps, sondern auch immer wieder Aufmunterung und ein: „Du machst das prima!“, bis dahin, dass der Gegner schon mal  für „Schachmatt“ erklärt wurde.
Das war die erste gemeinsame, klare Siegeswelle für Brandenburg an diesem Tag, die in einem Jubelschrei ihren Höhepunkt fand.

11. 30 Uhr
Parallel dazu kam die Mannschaft der Mädchen zum Einsatz, die sich in gleichem Maße entweder auf der Matte völlig verausgabte oder als moralische Unterstützung vom Mattenrand aus. Wenngleich sie nicht so stimmgewaltig und im Vokabular mit weniger Kraftausdrücken als ihre männlichen Sportkameraden zu vernehmen waren, um ihre Mitstreiterinnen auf Erfolgskurs zu halten, erwiesen sich die Damen jedoch – wie könnte es auch anders sein -  sprachlich viel kreativer in ihren Anfeuerungsrufen. Da wurden Vierzeiler aus der „Tasche“ gezogen, oder so klare Anweisungen wie „ Tina, wir woll`n dich siegen sehn“, mal fix melodisch vertont und  in die Chartliste der Mattensongs eingebracht.
Es waren traumhafte Momente, wenn man am Ende der Zeit die strahlenden Augen oder den jubilierenden Sprung in die Arme der Kameradinnen verfolgen konnte.
So gingen die Mädchen ebenso als Sieger aus ihrer ersten Runde hervor und waren damit entsprechend motiviert für den zweiten Auftritt.



13.00 Uhr
Dem nächsten Kapitel lagen zwar die besten Voraussetzungen zugrunde, aber wohl auch Gegner, die momentan nicht zu knacken waren. So mussten sich die Männer den Bayern und die Damen den Sachsen zähneknirschend geschlagen geben. Trotz einiger Aktionen, in denen es  gelang, das Ruder kurzzeitig herumzureißen und wieder auf  Erfolgskurs zu drehen, galt es, diese zweite Runde willensstark zu überwinden und sich nicht auch noch psychisch  auf den Boden werfen zu lassen.
Also wurden verschiedene Strategien verfolgt.

Als erstes wurde von Trainerseite entsprechende Aufbauarbeit geleistet.

 Danach holte Marit vorsorglich ihre Frustmütze heraus um über die ersten emotionalen Klippen auf etwas gelockerte Art hinwegzukommen.

Ob Steven ähnliche Gedanken durch den Kopf gingen?
Die nächste Devise war Heißmachen um jeden Preis.
Wieder andere sprachen sich gegenseitig Mut zu bzw. holten sich entsprechende Aufmunterungen von der neutralen Außenwelt, die ihnen auf alle Fälle schon einmal das Lächeln wieder ins Gesicht zaubern konnte.
   
15.30 Uhr
Zu allen guten Dingen gehören drei! Stimmts, Franzi? Deine „ewige Rivalin“ hattest du genau in dieser dritten Runde im Griff wie nie zuvor und mit diesem Knaller konntest du einen glänzenden Auftakt für eure Siegstour und den Einzug ins Finale geben!
Alle holten noch mal alles aus sich heraus und kämpften wie die Löwinnen. So wie Marit mit ihrer Gegnerin kurzen Prozess per Ippon machte, hatte Schubi ihre im Angstgriff und brauchte nur noch auf das Anfeuern und Auszählen zu lauschen, bevor sie siegesbewusst die Arme hochreißen konnte.

 Auch diese Erfolgswelle rollte mit permanenter Unterstützung von den Mattenrändern her. Ob es nun die Trainer waren, die ihre Stimmen bis zur Heißerkeit strapazierten oder aber die Judoka selbst mit immer neuen Schlachtrufen – alles trug zum erhofften Erfolg bei und jagte den künftigen Gegnerinnen der Finalrunde bereits hier einen ordentlichen Respekt ein!
Wiederum zeitgleich standen die Männer auf ihrer Matte und gegen die Berliner Riege im Kampf um den dritten Platz ihren Mann!
Auch bei ihnen zeigte der Startkämpfer an, wer in diesem Match das Sagen haben sollte. Olli heute in Bestform - alle drei Kämpfe gewonnen, demonstrierte nach seinem Sieg ein Strahlen, dem man absolut nichts mehr von den Tortouren des Gewichtmachens der vergangenen Tage ansehen konnte.

Danach ging es fast durchgängig in Bestform bei allen zur Sache. In der Halle erwuchsen männlich-brandenburgische Anfeuerungsrufe zu einer akustischen Macht, die ihren Höhepunkt in dem Kampf fand, der die Entscheidung für die Bronzemedaille brachte.
 Überlegen und bravourös, aber auch unter voller kämpferisch-taktierender Risikobereitschaft demonstrierte Robert allen, die an der Wettkampfmatte ihren Platz hatten, warum ausgerechnet auch auf ihm so große Hoffnungen für die Zukunft des Judosports ruhen.
Die nachfolgenden Siege bestätigten die Position der Brandenburger Männermannschaft  im kleinen Finale und festigten den überlegenen Erfolg mit dem dritten Platz in der Deutschen Meisterschaft der Mannschaften.

17.30 Uhr
Das große Finale kann beginnen.

Brandenburg gegen Württemberg lautete der Schlusspunkt bei den weiblichen Judoka.
Und es begann ein Triumphzug unserer Damenmannschaft, der von Glanz und Gloria geprägt war und einmal mehr die Früchte harten und schweißtreibenden Trainings demonstrierte.
Die Atmosphäre in der Halle war wie geschaffen für unsere Mädels, denn nicht nur alleine der optische Eindruck stellte alles bisherige in den Schatten, sondern auch das, was die männliche Jugend Brandenburgs dazu beitragen konnte, war allein darauf ausgerichtet, dass ein bombastischer Alleingang auf der Matte hingezaubert wurde.
Kameradschaftlicher Weise wurde zwar der gegnerischen Mannschaft ein Trostpunkt überlassen, aber in atemberaubender Folge zog ein Ipponsieg den anderen nach sich, so dass schon bald der siebente Sieg die nun endgültig letzte perfekte Siegeswelle ins Rollen brachte.

Immer neue Schlachtrufe des männlichen Fanblocks trieben unsere Damen von Wertung zu Wertung und letztendlich in die Arme des begehrten Pokals.
Diese Leistung war einzigartig, die Stimmung fantastisch und der Erfolg mehr als verdient.


18.45 Uhr
Siegerehrung!

Entspannung, Freude und Überschwang stehen allen Brandenburger Athleten ins Gesicht geschrieben, als sie ihre Ehrungen in Empfang nehmen konnten.
 




 Überreicht vom Bundestrainer Detlef Ultsch erhielt dieser Moment eine zusätzliche Aufwertung für alle Aktiven.
   

   
Sich anschließend zum jubilierenden Fotoshooting in Pose zu setzen war doch allen ein innewohnendes Bedürfnis und wurde mit derselben Bravour absolviert, wie die Kämpfe der vergangenen Stunden.





Ja – ihr habt Biss gezeigt! Allerherzlichste Glückwünsche dafür von allen, die euch nahe stehen und die Leistung eines solchen Tages auch zu schätzen wissen!

Text und Fotos:
Frau Kleefeld