Athen (dpa) - Auch ohne Happy-End trennte sich Bundestrainer
Norbert Littkopf nach dem letzten Duell auf der olympischen Judo-Matte
freiwillig von seiner silbergrauen Lockenpracht.
Obwohl seine Schützlinge am Freitag leer ausgingen, wurde dem
Frauen-Coach aus Leipzig in der Ano-Liossia-Olympia-Halle eine Glatze
geschoren. «Ich hatte mit meinen Mädchen gewettet, wenn wir in Athen
eine Goldmedaille schaffen, kommen die Haare runter», sagte Littkopf.
«Was mich da geritten hat, weiß ich heute allerdings auch nicht mehr.»
Die Freude im deutschen Judo-Lager konnte auch das frühe Scheitern
von Sandra Köppen (Brandenburg) und das knapp verpasste kleine Finale
von Schwergewichtler Andreas Tölzer (Mönchengladbach) nicht trüben.
Erfolgreicher als in Athen waren die deutschen Tatami-Kämpfer nur in
Atlanta 1996 und 1980 in Moskau, wo sie jeweils einmal Gold und vier Mal
Bronze gewannen. Mit einer Goldmedaille durch Yvonne Bönisch (Potsdam)
im Leichtgewicht sowie drei dritten Plätzen durch Annett Böhm (Leipzig)
im Halbmittelgewicht, Julia Matjiass (Osnabrück) im Superleichtgewicht
und Michael Jurack (Abensberg) im Halbschwergewicht wurden die kühnsten
Erwartungen übertroffen. «Einfach toll meine Mädels. Sie haben meine
Trainerkarriere gekrönt», schwärmte Littkopf, der zum Abschluss
allerdings nicht jubeln konnte.
Zwar standen die Männer im Schatten des «schwachen Geschlechts», doch
mit einmal Bronze und drei siebenten Plätzen von Florian Wanner
(Großhadern) im Halbmittelgewicht, Oliver Gussenberg (Osnabrück) im
Superleichtgewicht und Tölzer tilgten die Männer die Schmach von Sydney
vor vier Jahren, als sie ohne Edelmetall blieben. «Vier Platzierungen
bei fünf Startern - das ist Wahnsinn», jubelte Männer- Bundestrainer
Frank Wieneke. Dem einhelligen Lob schloss sich Sportdirektor Manfred
Birod an: «Das ist eine hervorragende Bilanz. Wir haben das erreicht,
was wir wollten und noch ein bisschen mehr. Damit können wir unsere
Förderstufen verbessern.»
Tölzer verpasste den Sprung ins kleine Finale. Gegen seinen
Angstgegner Dennis van der Geest aus den Niederlanden zog er schon nach
sechs Sekunden durch einen Hüftwurf den Kürzeren. Zuvor hatte er schon
gegen den späteren Olympiasieger und Open-Weltmeister Keiji Suzuki aus
Japan mit einem halben Punkt (Waza-Ari) verloren. Nach vorzeitigen
Siegen über den Griechen Charalampos Papaioannou (1:21 Minuten) und den
Weißrussen Juri Rybak (1:07 Minuten) schaffte der 24 Jahre alte
Schützling von Trainer Frank Wieneke aber noch den Sprung in die
Trostrunde.
Sandra Köppen kam dagegen nicht über das Achtelfinale hinaus. Die 29
Jahre alte Brandenburgerin verlor überraschend gegen Carmen Chala aus
Ekuador durch eine mittlere Wertung (Yuko). Zuvor hatte die 130 kg
schwere Olympia-Fünfte von Sydney ihren ersten Kampf gegen die Slowenin
Lucija Polavder mit einem Festhaltegriff nach 1:19 Minuten souverän
beendet. «Verdammter Mist», fluchte die Sportsoldatin. «Ich habe sie
einfach nicht zu fassen bekommen.» Auch Littkopf konnte das frühe Aus
nicht fassen. «Sie hat sich offenbar zu stark unter Druck gesetzt»,
meinte der Coach.
In überragender Verfassung präsentierten sich die Japaner. Mit acht
Gold- und zwei Silbermedaillen erzielten die Kämpfer aus dem Mutterland
der «sanften Kunst» ihre beste Bilanz in der 40-jährigen olympischen
Judo-Geschichte. Für einen famosen Schlusspunkt sorgten die
Schwergewichte Suzuki und Maki Tsukada, die beide in der Königsklasse
triumphierten.