Athen (dpa) - Einen Tag nach dem Olympiasieg
von Yvonne Bönisch haben die deutschen Judoka die Kräfte verlassen.
Weltmeister Florian Wanner (Großhadern) wurde im Halbmittelgewicht
(bis 81 kg) nur Siebenter, die WM-Dritte Anna von Harnier
(Böblingen) schied in der gleichen Gewichtsklasse (bis 63 kg) gar in
der ersten Runde aus.
«Wir hatten gerade von Florian mehr
erhofft», sagte Bundestrainer Frank Wieneke. «Er hat seine Leistung
nicht optimal abrufen können. Voriges Jahr hatte er Riesenerfolg,
jetzt nicht. So ist das eben.» Wanner wurde im Finale der Trostrunde
vom Aserbaidschaner Mehman Asisow geradezu vorgeführt. Schon nach
neun Sekunden lag er nach einem Hüftwurf am Boden und war
geschlagen. Damit war die Chance auf Bronze dahin. «Der siebente
Platz ist enttäuschend. Ich habe nicht gezeigt, was ich kann»,
bekannte der 26-jährige Bayer. Die Bürde des Weltmeisters habe ihn
allerdings nicht belastet. «Ich bin nicht richtig zum Zug gekommen»,
meinte der Student der Volkswirtschaft.
Vor vier Jahren bei den Olympischen Spielen
in Sydney war Wanner nach zwei Siegen und zwei Niederlagen in der
Trostrunde ausgeschieden. Diesmal brachte er es auf drei Erfolge und
zwei Niederlagen. Gegen den Marokkaner Adil Belgaid (Festhalte nach
2:13 Minuten), gegen Jose Miguel Boissard aus der Dominikanischen
Republik (Festhalte nach 1:24) und gegen den Algerier Amar Benikhlef
(Fußwurf nach 4:34) gewann er.
Schon im Viertelfinale waren ihm aber seine
Grenzen aufgezeigt worden. Gegen den bärenstarken Ukrainer Roman
Gontiuk, der die Silbermedaille hinter dem Griechin Ilias Iliadis
gewann, verlor er 15 Sekunden vor Schluss durch einen
Festhaltegriff. Europameister Iliadis eroberte die zweite
Goldmedaille für die olympischen Gastgeber und die erste
Judo-Medaille in der olympischen Geschichte für die Hellenen. Von
4000 Zuschauern in der Ano-Liossia-Halle wurde er dafür frenetisch
gefeiert.
Die Medaillenträume von Anna von Harnier
waren schnell geplatzt. 26 Sekunden vor Schluss des ersten Kampfes
konnte sich die 23- Jährige, die bis dahin in Führung lag, nicht
mehr aus einem Festhaltegriff der Kanadierin Marie-Helene Chisholm
befreien. Die Trostrunde verpasste sie, weil ihre Bezwingerin im
Viertelfinale der Japanerin Ayumi Tanimoto unterlag.
«Das war total verschenkt. Im Gedanken war
ich schon beim nächsten Kampf», ärgerte sich die Schwäbin. Auch
Bundestrainer Norbert Littkopf konnte seine Enttäuschung nicht
verbergen. «Das war überflüssig wie ein Kropf», befand der Coach.
Olympiasiegerin wurde Tanimoto, die bereits das vierte Judo-Gold für
Japan eroberte, vor der österreichischen EM-Dritten Claudia Heil.